Privataudienz bei Medienministerin – Medienpädagogische Referenten zu Besuch bei Ministerin Silke Krebs

von Christine Sattler
Sie sind wichtig und ständig im Einsatz. Sie geben der Initiative Kindermedienland ein Gesicht und sind Botschafter für mehr Medienkompetenz im Land. Gemeint sind die medienpädagogischen Referentinnen und Referenten und die medienpädagogischen Berater/innen des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg (LMZ). Sie sind vor Ort an den Schulen, im engen Kontakt mit Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften. Sie fördern die von der Politik oft geforderte Medienkompetenz, suchen unermüdlich nach neuen Methoden für eine zeitgemäße Medienpädagogik und vermitteln einen sozial-engagierten und kreativ-kritischen Umgang mit Medien.

Wer, wenn nicht sie, weiß besser Bescheid, welche Fragen sich Eltern bei der Medienerziehung stellen oder welche Tücken das Aufwachsen in einer digitalen Kindheit mit sich bringt?

Die Politik will wissen, wo der medienpädagogische Schuh drückt

Dieses Wissen ist nicht nur für die Pädagogik interessant, sondern auch für die Politik. Eine Frage, mit der sich die Landesregierung im Moment beschäftigt, ist, wie es weitergeht mit der Initiative Kindermedienland, die Ende des Jahres ausläuft. Und: Welche Angebote sollen weitergeführt werden? In dieser Phase der Evaluation ist eine Rückmeldung derer, die sich auskennen, die wissen, wo der Schuh drückt und was getan werden muss, wichtig.

Aus diesem Grund hat Silke Krebs, Ministerin im Staatsministerium und zuständig für Medien, die Referent/innen und medienpädagogischen Berater/innen des LMZ in die Villa Reitzenstein eingeladen. Wo nach dem Zweiten Weltkrieg US-General Clay die amerikanisch besetzten Länder zu einem Rat einbestellte, empfing sie die Referenten: im Herzstück der Villa, dem Gobelinsaal. Bevor die Ministerin sich durch die Statements ein Bild von der Wirklichkeit an den Schulen im Land machte, bedankte sich die Ministerin ganz herzlich für ihren engagierten Einsatz und die bisher geleistete Arbeit.

Wo sind denn die Häkchen, von denen alle sprechen?

Eva Weiler ist schon seit vielen Jahren für das LMZ im Land unterwegs. Sie berichtet vom großen Interesse und Informationsbedarf der Eltern: “Die Elternabende sind voll!” Gerade die Themen Datenschutz und Urheberrechte (hier besonders Bilderrechte) werfen viele Fragen auf. Viele Eltern fühlen sich verunsichert durch die negative und angstmachende Medienberichterstattung, zum Beispiel beim Reizthema Facebook. Eva Weiler ermuntert Eltern, sich mit Datenschutzfragen auseinanderzusetzen und auch mal in die AGBs zu schauen, auch wenn es mühsam ist. Bei ihren Veranstaltungen bringt sie viele praktische Beispiele, und zeigt Eltern beispielsweise, wo sich die Sicherheitseinstellungen bei Facebook befinden – den Häkchen, von denen alle sprechen. Oft sei der Diskussionsbedarf allerdings so groß, dass eineinhalb oder zwei Stunden nicht ausreichen.

Das Spezialgebiet von Thorsten Belzer sind Soziale Netzwerke. Hier arbeitet er oft mit Jugendlichen. Für ihn ist der digitale Raum heute nicht mehr vom realen Raum zu trennen: “Das, was wir früher an der Bushaltestelle gemacht haben, passiert heute im Netz.” Sein Ansatz ist deshalb, das Thema in die reale Welt zu übertragen, in dem er beispielsweise greifbar macht, was mit den Daten passiert. Die Behauptung, dass die Jugendlichen die richtigen Einstellungen in Online-Communities längst schon alle kennen, kann er nicht bestätigen. Im Gegenteil, die Jugendlichen seien froh über Informationen.

Mein digitaler Lebenslauf

Eine Methode, die Belzer in seinen Workshops mit Schülern oft umsetzt, ist der digitale Lebenslauf. Die Schüler denken selbst darüber nach, wie sie ihn gestalten wollen, und sollen ein Gespür dafür entwickeln, was privat bleiben soll und was sie auch noch in ein paar Jahren von sich als öffentlich akzeptieren können.

Aytekin Celik erlebt bei seinen Elternabenden zum Thema Handy & Smartphone oft, dass Eltern vordergründig nach einer technischen Patentlösung suchen und mit der Frage kommen: “Welches Handy sollen wir unseren Kindern kaufen?”, aber eigentlich wissen wollen, wie sie ihren Kindern eine umsichtige, auf Gefahren achtende Herangehensweise mit auf den Weg geben können. Wichtig sei es, so Celik, den Eltern klar zu machen, dass Smartphones oder auch Geräte wie die PlayStation Portable mobile Endgeräte sind, mit denen die Kinder ständig im Netz sind, ohne die Begleitung der Eltern, die es am heimischen PC noch einigermaßen gab.

Wie wollen wir miteinander umgehen?

Janine Pfahl berichtet von ihren Erfahrungen mit dem Thema Cybermobbing. In der letzten Zeit war sie an vielen Schulen, um mit den Schülern präventiv das Thema zu erarbeiten. Die meisten der Schulen, die sie besucht hat, hatten in der jüngsten Vergangenheit einen Cybermobbing-Fall in der Schulgemeinschaft. Pfahl machte darauf aufmerksam, dass es nicht ausreiche, ein paar Stunden mit den Schülern über das Thema zu sprechen, sondern dass dieses Problem viel früher und grundlegender angegangen werden muss. Es sei wichtig, dass bereits in der Grundschule Werte vermittelt werden und der Umgang miteinander thematisiert werde. Es muss von Grund auf ein Schul- und Klassenklima geschaffen werden, bei dem soziale Kompetenzen kontinuierlich gefördert werden.

Von Grund auf und früh – damit hat sich auch Susanne Zeltwanger auseinandergesetzt. Innerhalb ihres Projektsemesters an der PH Ludwigsburg entwickelte sie Konzepte, wie Medien aktiv in der Grundschule eingesetzt werden können. Insgesamt zwölf Wochen war sie dafür an der Altenburgschule Stuttgart, um mit Kindern von der ersten bis zur vierten Klasse kleine Medienprojekte wie Trickfilme mit der Stop-Motion-Technik zu realisieren. Ihre Erfahrungen: Man braucht viel Zeit und Geduld – allein zu erklären, wie sich die Schüler am Rechner anmelden, habe bei Erstklässlern schon eine Schulstunde gedauert. Sinnvoll ist es außerdem, die Lehrer über einen längeren Zeitraum zu begleiten und direkt mit einzubeziehen, damit diese die aktive Medienarbeit dauerhaft in den Schulalltag integrieren können.

Ministerin will die Medienpädagogik auf feste Beine stellen

Am Ende der Audienz unterstrich Ministerin Krebs den politischen Kurs und Willen der Landesregierung, das Kindermedienland Baden-Württemberg nach Ablauf der Pilotphase mit dauerhaften und verlässlichen Angeboten in der Fläche zu verstetigen